von Arthur Brunhart, Historiker, Balzers
Arthur Brunhart schreibt: «Kaiser hat eine unbestreitbare Bedeutung als Pädagoge und für unser Land als Begründer der Liechtensteiner Geschichtsschreibung und als ‹Entdecker›einer auch im Volkbegründeten ‹nationalstaatlichen›Identität Liechtensteins. An ihn erinnern u.a. ein Denkmal in Mauren, die ‹Gedächtnisstiftung Peter Kaiser›und der nach ihm benannte Platz vor dem Landtags- und Regierungsgebäude in Vaduz».
Vor 300 Jahren, 1719, wurden zwei jahrhundertealte Reichsterritorien, die Grafschaft Vaduz und die Herrschaft Schellenberg, zum Reichsfürstentum Liechtenstein vereinigt. Dieses Ereignis und seine Folgen hat der Liechtensteiner Peter Kaiser in seiner 1847 erschienenen «Geschichte des Fürstentums Liechtenstein» thematisiert.
Der am 1. Oktober 1793 in Mauren geborene Peter Kaiser besuchte Schulen in Mauren, Feldkirch und Wien und studierte an den Universitäten Wien und Freiburg i.B. Sprachen, Jurisprudenz und Geschichte. Er war ein vielseitig, auch politisch interessierter Kopf.
Seit April 1819 war Kaiser an Schweizer Schulen tätig, am berühmten Fellenberg-Institut im bernischen Hofwil, bei Johann Heinrich Pestalozzi in Yverdon, in Aarau, schliesslich an den Kantonsschulen Disentis und Chur. Die Nähe zur alten Heimat ermöglichte es ihm, auch in Liechtenstein tätig zu sein.
Peter Kaiser wurde in den damals wirtschaftlich und politisch schwierigen Zeiten zum «Anwalt und Sprecher der Gemeinden». Sie schickten ihn und zwei Delegierte 1840 nach Wien, um Fürst Alois II. eine Petition mit Reformwünschen zu überreichen. Kaiser galt bald als verdächtig, als «Vorwisser und Urheber» der Revolutionsbewegung 1848 in Liechtenstein.
Im Vorfeld wirkte Peter Kaisers 1847 publiziertes Buch «Die Geschichte des Fürstenthum’s Liechtenstein» wie ein Paukenschlag. Er zeigte den Weg auf, wie das Volk seine Rechte erworben hatte, um deren Bestand es je länger je mehr kämpfen musste. Er unterzog auch die unmittelbare Vergangenheit einer Würdigung und kritisierte den bürokratischen Staatsabsolutismus und die Beamtenwillkür, welche das Volk mit Reformen von oben bedrücke. Das Buch wurde verboten, dann aber zugelassen, wenn auch nicht für die Schule.
Im März 1848, als in halb Europa die Revolution ausgebrochen war, riefen auch in Liechtenstein die Landsleute nach Reformen. Ausschüsse mehrerer Gemeinden bestellten einen Landesausschuss mit Kaiser als Präsident. Er war politisch liberal und wirkte mässigend auf die radikalen Kräfte. Ein Schreiben an den Fürsten drückte den Wunsch nach einer freieren Verfassung und der Entlastung des Grundeigentums aus, auch die Forderung, «in Zukunft als Bürger und nicht als Unterthanen» behandelt zu werden.
Peter Kaiser entwarf eine konstitutionelle Verfassung mit gestärkten Volksrechten, in dem das volksdemokratische Element das monarchische überwog. Der Entwurf diente einem Verfassungsrat als Grundlage für die weitere Arbeit. Peter Kaiser war unterdessen zum Liechtensteiner Abgeordneten in die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt gewählt worden. Dieses Mandat musste er im Spätherbst 1848 aus beruflichen Gründen niederlegen. Im Schreiben «An meine Landsleute» sprach er die politischen Möglichkeiten an, die Liechtenstein damals hatte.Welchen Ruf Peter Kaiser in Graubünden genoss, zeigt seine Einbürgerung 1855 in Anerkennung seiner Verdienste um den Kanton. Er starb am 23. Februar 1864 in Chur. Sein Grabmal an der Ostwand der Kathedrale erinnert an den «unvergesslichen Lehrer der Jugend und verdienten Erforscher rätischer Vorzeit».