Kolumne mit Lorenz Risch
Pro Senectute ist die grösste Fach- und Dienstleistungsorganisation bezüglich Altersfragen in der Schweiz. Im letzten Jahr hat Pro Senectute beim Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich eine bemerkenswerte Studie herausgegeben, die den Namen «Digitale Senioren 2020» trägt [1]. Dabei wurde die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bei 65-jährigen Senioren sowie älteren Personen studiert.
Hierzu wurden in einer repräsentativen Umfrage 1165 Personen postalisch und per Telefon zu ihrer Person sowie ihrem Technik- und Mediennutzungsverhalten befragt. Zudem wurden die Einstellungen der Senioren gegenüber digitalen Dienstleistungen erhoben. Dabei zeigte sich, dass rund drei Viertel der Senioren zu den sogenannten «Onlinern», d.h. Personen, welche digitale Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) nutzen, gehören. Im Vergleich zu einer 10 Jahre zuvor durchgeführten Erhebung ergab sich, dass sich die Zahl der Onliner seither rund verdoppelt hat.
Allerdings zeigt sich auch bei Personen in der 2. Lebenshälfte je nach Altersgruppe eine unterschiedliche Internetnutzung. Während sie bei 60-69 jährigen Senioren rund 95 % beträgt, liegt sie bei 70 bis 79-jährigen bei rund 75 %. Circa 50 % nutzten IKT bei den 80–85-jährigen, und die Nutzung lag bei Personen, welche älter als 85 Jahre alt waren, bei rund 35 %.
Diese digitale Spaltung ist ein beschreibender Begriff für die Tatsache, dass es in einer Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppe zur unterschiedlichen Nutzung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) kommt.
Bei den über 80-jährigen ist deshalb die sogenannte digitale Spaltung nach wie vor vorhanden. Diese digitale Spaltung ist ein beschreibender Begriff für die Tatsache, dass es in einer Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppe zur unterschiedlichen Nutzung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) kommt. Dies an sich wäre nicht weiter bedenklich, wenn damit nicht nachteilige Folgen verbunden wären. Es zeigte sich nämlich in anderen Arbeiten, dass die Wissenskluft zwischen Personen mit und ohne Nutzung von IKT grösser ist, als man es durch unterschiedliche Nutzung von konventionellen Medien beobachtet hat. Mit dieser Wissenskluft können Chancenunterschiede vergesellschaftet sein.
Spannend lesen sich in dieser Studie die Gründe für die Nichtnutzung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Am Häufigsten werden genannt: zu kompliziert, Sicherheitsbedenken, zu hoher Aufwand zum Erlernen, oder die Befürchtung, dass eine andere Person Informationen abruft oder dass es an Unterstützung fehlt.
Zudem scheinen Onliner weniger auf fremde Hilfe angewiesen zu sein als Offliner.
Andere seltener genannte Gründe sind Gesundheitsprobleme, Kosten, sowie ein nicht erkennbarer Nutzen. Interessant ist auch die Tatsache, dass sich Onliner generell als gesunder und lebensfreudiger beurteilen als die Offliner. Zudem scheinen Onliner weniger auf fremde Hilfe angewiesen zu sein als Offliner. Aus Gesundheitssicht relevant ist die Tatsache, dass Gesundheitsapplikationen im Moment von Senioren noch selten genutzt werden, obwohl diesen ein Potential für eine verbesserte Versorgung zukommt.
Insgesamt zeigt diese Studie bei Senioren, dass sich die Nutzung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) den jüngeren Altersgruppen annähert. Bei über 80-jährigen ist die Nutzung noch nicht allzu stark ausgeprägt. Förderangebote könnten hier helfen, sowohl Einstieg als auch Nutzen zu erleichtern. Damit könnten Potentiale für eine dauerhaftere Erhaltung von Autonomie, einer vermehrten sozialen Einbettung sowie einer verbesserten Lebensqualität und Gesundheit wirksam genutzt werden.
Lorenz Risch ist Facharzt für Innere Medizin sowie für medizinische und chemische Labordiagnostik. Er ist Professor für klinische Biochemie an der Universität Bern. An der Harvard University in Boston hat er ein Masterstudium in Public Health absolviert. Diese Studienrichtung beschäftigt sich mit dem öffentlichen Gesundheitswesen und der Verbesserung der Volksgesundheit.
Referenz
1.) Seifert A, Ackermann T, Schelling HR. Digitale Senioren 2020 Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien durch Personen ab 65 Jahren in der Schweiz. Hrsg.: Pro Senectute 2020; Abrufbar unter: https://www.prosenectute.ch/dam/jcr:1e37ab48-cd44-4ba2-9a91-23ce43c7a664/Studie_DigitaleSenioren2020_DE.pdf