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60Plus | Fokus | Dezember, 2023
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«Der Umstieg auf erneuerbare Energien lohnt sich für alle»

Regierungschef-Stv. Sabine Monauni zu den Gesetzesvorlagen im Energiebereich

Am 21. Januar 2024 wird Liechtenstein über zwei Gesetzesvorlagen im Energiebereich abstimmen. Regierungschef-Stellvertreterin und Energieministerin Sabine Monauni erklärt im Interview, was die Ziele der beiden Energievorlagen sind und inwiefern Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer davon betroffen sind.

Worum geht es bei den anstehenden Energievorlagen?

Zum einen werden die Gebäudevorschriften an den aktuellen Stand der Technik angepasst, wobei wir das Ziel verfolgen, energieeffizienter zu bauen und den Energieverbrauch unserer Gebäude zu reduzieren. Die geplanten Gebäudevorschriften entsprechen jenen, die heute bereits in 23 Kantonen, darunter auch bei unseren Nachbarn St. Gallen und Graubünden, gelten. Die Erfahrungen dort sind sehr positiv.

Zum anderen wollen wir durch den verstärkten Einsatz von Photovoltaik die Eigenstromerzeugung erhöhen, was mehrere positive Effekte mit sich bringt. Wir erhöhen unsere Eigenstromversorgung und reduzieren damit unsere Abhängigkeit von ausländischen Energielieferanten, was wiederum stabilere und günstigere Strompreise für uns alle ermöglicht.

Bedeutet das eine Sanierungspflicht für alle Gebäude?

Nein, mit den neuen Gebäudevorschriften wird keine Sanierungspflicht eingeführt. Es muss keine funktionierende Heizung ersetzt werden. Auch der Wiedereinbau einer fossilen, d. h. einer mit Öl oder Gas betriebenen, Heizung ist möglich. Einzige Einschränkung: bei Wohngebäuden, die vor 2003 erbaut worden sind und einen schlechten Energiestandard aufweisen, wird zukünftig verlangt, dass eine von elf Standardlösungen umgesetzt wird. Diese Standardlösungen entsprechen dem Stand der Technik, bringen spürbar mehr Komfort, tiefere Nebenkosten und werden in den meisten Fällen von Land und Gemeinden grosszügig gefördert.

Von der PV-Pflicht sind grundsätzlich nur Neubauten sowie, ab 2035, bestehende Nicht-Wohnbauten, wie Industrie- und Gewerbehallen, betroffen. Niemand wird verpflichtet, auf einem bestehenden Wohngebäude eine PV-Anlage zu installieren, ausser das ganze Dach wird umfassend erneuert und nicht nur Dachziegel ersetzt. Aber selbst dann bestehen Ausnahmemöglichkeiten, wenn z. B. die PV-Anlage ineffizient, technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht tragbar wäre. 

Wird das Bauen bzw. Wohnen dadurch teurer?

Die anfänglichen Investitionskosten für die Installation fallen natürlich an. Diese Kosten werden aber durch Land und Gemeinden stark gefördert: bis zu 35 % der Kosten beim Heizungsersatz und gar bis zu 75 % für eine PV-Anlage. Somit rechnet sich die höhere Investition z. B. in eine Luft-Wärmepumpe im Vergleich zu einer Gasheizung bereits nach zehn Jahren. Auch eine PV-Anlage ist in rund zehn Jahren amortisiert. Zudem unterstützt das Land gemäss der Vorlage zur PV-Pflicht zinslose Bankdarlehen für energetische Sanierungen und erneuerbare Energien. Die Liechtensteinische Landesbank hat bereits angekündigt, solche Darlehen ihren Kundinnen und Kunden zur Verfügung zu stellen. 

PV-Pflicht

Meine konkrete Situation Auswirkung
Ich erstelle eine neue Wohn- oder
Nicht-Wohnbaute oder renoviere mein Dach umfassend.
PV-Pflicht*
Ich bin im Besitz einer bestehenden Nicht-Wohnbaute. PV-Pflicht 

ab 2035* 

Ich bin im Besitz einer bestehenden Wohnbaute. Keine 

PV-Pflicht

Ich bin im Besitz einer kleinen,
unbeheizten Nicht-Wohnbaute mit einer Dachfläche von weniger als 50 m2
(z. B. Gartenhaus oder Riethütte).
Keine 

PV-Pflicht

Ich muss auf dem Dach meiner bestehenden Wohnbaute die Dachziegel ersetzen. Keine 

PV-Pflicht

Die Installation einer PV-Anlage auf
meiner Wohn- oder Nicht-Wohnbaute wäre ineffizient (z. B. Standort, Umgebungssituation, Beschattung), wirtschaftlich nicht tragbar oder technisch nicht möglich (z. B. Statik).
Keine 

PV-Pflicht

Meine Wohn- oder Nicht-Wohnbaute ist als Kulturgut registriert. Keine 

PV-Pflicht

* Hinweis: die Investition in eine PV-Anlage wird finanziell gefördert.

 

Neue Gebäudevorschriften

 

Ich möchte meine bestehende, funktionierende Öl- oder Gasheizung weiter betreiben. Darf ich das?
Ja.

Ich möchte in meiner neuen Wohn- oder Nicht-Wohnbaute eine Öl- oder Gasheizung installieren. Darf ich das?
Ja, solange die jeweiligen Grenzwerte für den Energiebedarf eingehalten werden.

Ich möchte meine nicht mehr funktionsfähige Öl- oder Gasheizung durch eine neue Öl- oder Gasheizung ersetzen. Darf ich das?
Ja. Bei alten, noch nicht sanierten Wohngebäuden (Baujahr älter 2003) müssen aber mindestens 10 % des Wärmebedarfs reduziert oder durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Es stehen elf verschiedene Standardlösungen zur Verfügung (z. B. eine thermische Solaranlage, neue Fenster oder eine bessere Wärmedämmung). Die Wahl liegt beim Hauseigentümer.*

* Hinweis: Der Wechsel auf erneuerbare Heizungen und Energieträger sowie energetische Sanierungsmassnahmen werden finanziell gefördert.