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60Plus | Fokus | März, 2024
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Heute helfe ich. Morgen wird mir geholfen.

von Judith Oehri

Mit Zeitpolster soll der demografischen Entwicklung etwas entgegengesetzt werden. Fachkräftemangel im Pflegebereich ist das Schreckgespenst, für das man eine Lösung parat haben möchte. Nicht der Staat, sondern die Gesellschaft selbst soll es richten. Wo kleine oder befristete Hilfestellungen nötig sind, kommen die Helfenden von Zeitpolster für Jung und Alt in den Einsatz.

«Meine Kinder sind berufstätig und ich brauche untertags jemand, der mich zum Arzt und zur Friseurin fährt.» «Mein Mann hat eine beginnende Demenz. Damit ich etwas entlastet bin, wäre ich dankbar, wenn jemand mit ihm spazieren geht». «Der Kitaplatz ist erst in drei Monaten verfügbar. Kann jemand 3 h pro Woche auf mein Kind aufpassen?». «Ich bin für 2 Wochen weg. Kann jemand meine Katze füttern und den Briefkasten leeren?».

Mit diesen und anderen Anfragen sind die Teammitglieder von Zeitpolster konfrontiert. Sie suchen bei einer Anfrage die passenden Helfenden, wenn möglich in der eigenen Gemeinde. Mittlerweile hat die Anzahl an Unterstützung suchenden Menschen die Anzahl der Helfenden überstiegen. Der Bedarf ist da und steigt kontinuierlich.

Die Helfenden bekommen Zeitgutschriften und seit diesem Jahr zudem eine Fahrspesenentschädigung von CHF 0.50 pro Kilometer. Der Fahrdienst ist auch jene Leistung, die am meisten nachgefragt wird, gefolgt von Gesellschaft leisten. Es werden auch kleine Gartenarbeiten übernommen.

Zeitpolster soll den Unterstützten den Alltag erleichtern. Der «Gewinn» der Helfenden sind aber nicht nur die Zeitgutschriften. Es ist das Gefühl, etwas Sinnvolles geleistet zu haben, wie unsere Helfende Ingrid Hassler-Gerner erzählt.

Oftmals motivieren die Kinder ihre Eltern, Zeitpolster in Anspruch zu nehmen oder schenken ihnen Gutscheine von Zeitpolster, die bei Bedarf eingelöst werden können. Zeitpolster soll den Unterstützten den Alltag erleichtern. Der «Gewinn» der Helfenden sind aber nicht nur die Zeitgutschriften. Es ist das Gefühl, etwas Sinnvolles geleistet zu haben, wie unsere Helfende Ingrid Hassler-Gerner erzählt.

Zudem bin ich überzeugt, dass wir in unserem Land die Betreuung und Pflege von vor allem älteren und alleinlebenden Menschen nur mit Privatinitiative schaffen und nicht alles dem Staat oder den Gemeinden überlassen.

Was war deine Motivation, dich bei Zeitpolster zu engagieren?

Ingrid Hassler-Gerner: Zeitpolster fördert, wie viele weitere Hilfsorganisationen in unserem Land, das ständige Miteinander unter den Menschen. Es ist ein ständiges Geben und Nehmen, wozu ich etwas beitragen möchte. Zudem bin ich überzeugt, dass wir in unserem Land die Betreuung und Pflege von vor allem älteren und alleinlebenden Menschen nur mit Privatinitiative schaffen und nicht alles dem Staat oder den Gemeinden überlassen. Ich habe vor drei Jahren eine neue Aufgabe gesucht und sie beim gut organisierten Zeitpolster gefunden.

Welche Einsätze leistest du?

Der Fahrdienst liegt mir am nächsten. Wenig beansprucht wird die administrative Hilfe, wo ich gerne bereit bin, beim Ausfüllen von Anträgen usw. zu helfen. Der Fahrdienst ist aber viel mehr als nur der Transport zum Arzt, Spital, Einkaufen, zur Seniorenfeier, Messfeier oder auch zur Tierklinik mit dem Haustier. Die Fahrten sind immer verbunden mit guten Gesprächen und sozialen Kontakten – und man lernt Menschen aus der Gemeinde näher kennen.

Gibt es schöne Erfahrungen, von denen du berichten kannst?

Ja, viele, wie z. B. der Besuch eines Kirchenkonzertes in Bad Ragaz mit zwei Frauen aus Nendeln, der Besuch der Stadtbibliothek Feldkirch mit besonderer Literatur, der Einkauf von Blumenschmuck mit einer an Demenz erkrankten Frau, aber auch die tröstenden und helfenden Momente bei einem Arztbefund oder die Begleitung eines Ehepaares zur Weihnachtsmesse. So habe ich vielseitige und sehr schöne gegenseitige Erfahrungen machen können – und keine möchte ich missen.

Welche Fähigkeiten braucht man als Helfende/Betreuende?

Es ist gut, wenn man sich dabei Zeit nimmt, oft auch eine gute Zuhörerin ist und Geduld hat in den diversen Situationen. Meistens sind es betagte oder alleinstehende Frauen oder Männer und so ist auch das soziale Verständnis eine wichtige und gute Voraussetzung. Wenn man dann noch einen Fahrdienst mit einem Café-Besuch verbinden kann, ist es für beide Seiten ein bleibendes Erlebnis.

Es bestehen nebst dem Fahrdienst noch viele Möglichkeiten, sich in den Dienst von Zeitpolster zu stellen – gut dass es dieses Angebot gibt, sich einerseits als Helfende zu engagieren und dass andererseits für betreute Menschen ein solch flexibler Dienst zur Verfügung steht.