von Gabi Eberle
Als junge Frau von 25 Jahren übernahm Brigitte Marxer am 5. Mai 1985 das Textilgeschäft ihres Verwandten in Eschen. Beständigkeit, Durchhaltevermögen, Offenheit und ein unterstützendes Umfeld trugen dazu bei, diesen Schritt zu keinem Zeitpunkt bereut zu haben. Ihre Leidenschaft für schöne Stoffe und Qualitätsbekleidung wurde der erfolgreichen Geschäftsfrau bereits in die Wiege gelegt.
Eines wusste die Eschnerin damals, als es um die Berufswahl ging, mit Bestimmtheit: Es sollte kein Bürojob sein; sie wollte im direkten Kontakt mit Menschen stehen. Nach Schnupperlehren bei der Drogerie Haug in Buchs, Laurentius Apotheke und Drogerie Gassner in Schaan entschied sie sich für eine Lehre als Drogistin. «Ein schöner, aber auch anspruchsvoller Beruf. Im Land gab es keine freie Lehrstelle, und so kam ich nach Wildhaus. Während der vier Jahre Lehrzeit und danach vier Jahren als Angestellte konnte ich, neben dem Fachwissen, viel fürs Leben lernen – den Umgang mit Menschen, Zuhören, der Kundschaft Aufmerksamkeit schenken.»
Der Wechsel ins Textilfach ergab sich durch eine für beide Seiten glückliche Fügung: Adolf Marxer, Cousin ihres Vaters und Besitzer eines kleinen Fachgeschäfts in dieser Sparte, wollte sich zur Ruhe setzen. «Über die Zeit war ich ja öfters bei ihm, kannte die Ware und ungefähren Abläufe. Wir sind uns dann rasch einig geworden und nach acht Monaten Einarbeitungszeit war ich, jung und Neuling, Besitzerin eines 37 Quadratmeter kleinen Ladengeschäfts. Seine Unterstützung und auch die meiner Eltern war mir gewiss und so konnte ich mich nach und nach entfalten», blickt Brigitte gerne zurück.
Umgeben von Stoffen gross geworden
Als Älteste mit drei Geschwistern – eine Schwester, zwei Brüder – behütet und trotzdem frei mit vielen «Gspänle» aufgewachsen, erinnert sich Brigitte Marxer wertschätzend zurück: «Wir hatten eine sehr schöne Kindheit, es hat uns an nichts gefehlt, wir waren viel draussen, hüpften auf den Dächern unseres Hauses herum. Ja, es war wohl gefährlich, aber wir dachten uns nicht viel dabei», lacht sie. Ihr Grossvater und auch ihr Vater Elmar, der anfangs der 50er-Jahre die Textilfabrik Marxana gründete, waren gelernte Schneider. «Er spezialisierte sich gemeinsam mit seiner Frau Resi auf die Produktion von Skibekleidung – damals ein Alleinstellungsmerkmal. Es gab 50 Näherinnen, Zuschnitt und Versand erfolgten im Haus. An den Sonntagen spielten wir in den grossen Räumen, fuhren mit den Stoffreste-Wagen herum und hielten uns auch sonst oft im Geschäft auf. Eine unbeschwerte Zeit, die ich nicht missen möchte.»
Im eigenen Haus, welches 1969 eine Erweiterung erfuhr, war und ist bis heute auch die Marxana und seit 2001 Brigitte Marxer Textilien beheimatet. «Leider starb mein Vater 1994 mit nur 64 Jahren. Die schönen Erinnerungen bleiben, doch hinterliess er eine grosse Lücke und zum Trauern blieb als Unternehmerfamilie kaum Zeit.» Ihre Mutter, Schwester Eveline und Bruder Norman führten das Geschäft dann bis 2013 gemeinsam weiter.» Das enge, harmonische Familienverhältnis, der grosse Zusammenhalt untereinander war immer da und ist es bis heute.
Ihre berufliche Erfüllung gefunden
Ihre Arbeitstage waren oft lang und auch Samstage, manchmal sogar Sonntage gehörten dazu. Lediglich der Dienstagnachmittag war frei. Doch war es nie ein Muss, ihre Tätigkeit erfüllte sie mit Zufriedenheit, Brigitte ging darin auf und dieses Gefühl hält nach wie vor an. «Sicher, ich musste manchmal auch verzichten. Frühmorgendliche Sonntagswanderungen mit den Kollegen lagen nicht drin, und auch die Mitgliedschaft bei der Harmoniemusik, wo ich während 15 Jahren Waldhorn spielte, musste ich mit der Zeit aufgeben. Aber den Urlaub mit Familie oder Freunden habe ich mir während all der Jahre nicht nehmen lassen!»
Mit dem Umzug in die grösseren Räumlichkeiten standen der Geschäftsfrau neu 200 Quadratmeter Ladenfläche zur Verfügung und mit der Auswahlerweiterung des Sortiments wuchs auch der Kundenkreis stetig. Bestand dieser in den Anfängen mehrheitlich aus Unterländern, zog das breite Angebot an Damenbekleidung, Unterwäsche, Miederwaren, Herrenhemden, Baby- und Kinderbekleidung nach und nach auch viele Oberländer und Kundschaft aus der benachbarten Schweiz an. «Bei grossem Kundenandrang konnte ich drüben bei meinen Eltern anrufen und meine Schwester Eveline kam, um mir beim Verkauf zur Seite zu stehen. Eine unschätzbare Hilfe, für die ich heute noch sehr dankbar bin.»
Team und Kundschaft sollen sich wohlfühlen
War es zu Anfang eine Vollzeitmitarbeiterin und eine Aushilfskraft, sind es heute fünf Teilzeitmitarbeiterinnen, die alle schon viele Jahre für Brigitte Marxer Textilien tätig sind. Ihre grösste Stütze und enge Vertraute ist über all die Jahre ihre Schwester Eveline. «Mir lag immer am Herzen, dass wir untereinander im Team ein vertrauensvolles, offenes Verhältnis haben. Die harmonische Stimmung überträgt sich auf die Kundschaft, die das Geschäft mit einem guten Gefühl verlassen und gerne wiederkommen soll. Wenn man den Beruf gerne ausübt, ist das spürbar. Oft wenn ich die Ladentür aufschliesse, denke ich mir, welch grosses Geschenk es ist, an einem so schönen Ort mit so lieben Leuten arbeiten zu dürfen.»
Von ihrer Mutter bekam sie nicht nur wertvolle Ratschläge, sondern auch die Gabe des Zuhörens übertragen. «Sich Zeit nehmen, jeden gleich zu behandeln, ist auch mein Bestreben. In der heutigen Zeit ist gute Beratung mehr denn je gefragt. Die Kundschaft schätzt den Kontakt, das Plaudern – gerade auch die ältere Generation.»
Grosser Freundeskreis, erlebnisreiche Urlaube
Auch Unternehmerinnen müssen auftanken: Mit ihren Freundinnen – die engsten hat sie bereits seit der Schulzeit in Eschen – verbrachte Brigitte mehr als 20 Jahre Skiferien in Ischgl/Tirol. Auch Mallorca und Gran Canaria sind, neben Städtereisen, oft ihre Reiseziele, und in jungen Jahren bereiste sie mit ihrem damaligen Freund in einem Van die USA, Californien, Canada und Hawaii. Ihre absolute Lieblingsdestination ist jedoch die Nordseeinsel Sylt mit seinen endlos langen, weissen Sandstränden und dem tosenden Meer. Auf langen Spaziergängen hat sie Zeit und Musse, in sich hineinzuhören. «In diesem Jahr werde ich 65. Wie lange ich mit dem Geschäft noch weitermachen möchte, wird sich ergeben. Da vertraue ich darauf, dass sich der Weg zur rechten Zeit weisen wird. Jedenfalls freue mich auf alles, was noch kommt!»