Von Maria Kaiser-Eberle, Gemeindevorsteherin, Ruggell
Am 26. Mai dieses Jahres haben wir in Ruggell den runden Geburtstag des Landes mit einem grossen Darffäscht gefeiert. Lachende Gesichter, spielende und eifrig bastelnde Kinder, tanzende und mitsingende Gäste und gesellige Runden machten das Ruggäller Darffäscht aus. Unter den geschätzten 1200 Besucherinnen und Besuchern waren auch viele Gäste aus den benachbarten Gemeinden in der Schweiz und Österreich dabei, die natürlich mit dem Rad den Weg nach Ruggell auf sich nahmen.
Im Mai 2006 wurde die grenzüberschreitende Kommission «Bewegung-Begegnung» gegründet, zu der die Gemeinden Altstätten/Lienz, Feldkirch, Meiningen, Oberriet, Rüthi, Sennwald und Ruggell gehören. Die Kommission hat dabei nicht nur einen Dreiländerweg (Bewegung) realisiert, sondern lädt zu verschiedenen öffentlichen und internen Veranstaltungen (Begegnung) ein.
Aufgrund unserer geografischen Lage am Dreiländereck zur Schweiz und zu Österreich ist mir und meinen Kollegen im Gemeinderat sowie der Verwaltung ein Austausch zu den jeweiligen Nachbarsgemeinden sehr wichtig. Im Mai 2006 wurde die grenzüberschreitende Kommission «Bewegung-Begegnung» gegründet, zu der die Gemeinden Altstätten/Lienz, Feldkirch, Meiningen, Oberriet, Rüthi, Sennwald und Ruggell gehören. Die Kommission hat dabei nicht nur einen Dreiländerweg (Bewegung) realisiert, sondern lädt zu verschiedenen öffentlichen und internen Veranstaltungen (Begegnung) ein. So finden jedes Jahr zwei Behördentreffs zu verschiedenen Themen statt, zu denen sich die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte aller beteiligten Gemeinden treffen. Diese Treffen zu Themen wie beispielsweise Wasser und Klimawandel (2019), Raumplanung (2018) und Flüchtlingswesen (2017) zeigen uns auf, wie diese Herausforderungen von unseren Nachbarsgemeinden angegangen werden. Ruggell erlebte in den letzten Jahrzehnten ein grosses Wachstum und einen grossen wirtschaftlichen Aufschwung. Mitverantwortlich dafür sind einerseits die schnellen Wege in die Schweiz mit dem direkten Autobahnanschluss sowie nach Feldkirch, andererseits die positive Entwicklung des Landes, welches dafür die Grundlagen schaffte.
Wenn ich heute mit dem Rad durch das Dorf bis zum Industriering fahre, sehe ich eine sehr attraktive Familien- und Wirtschaftsgemeinde, dessen Entwicklung ich in dieser Form niemals erwartet hätte. Waren Sie schon einmal im Industriering? Fahre ich weiter, beginnt hinter dem Industriering einer der schönsten Naturparadiese in Mitteleuropa, wo ich Kraft für meine Arbeit tanke und Flora und Fauna in all ihren Facetten geniessen kann. An der Grenze zu Bangs angekommen, stehe ich auf der Hochbrogg, die heute von vielen Radfahrern und Wanderern genutzt wird.
Brücken als wichtige Verbindung zu den Nachbarn
Brücken hatten immer schon eine wichtige Bedeutung für die Entwicklung von Regionen und Landstrichen. Mit Brücken wurden bereits in der Frühgeschichte Hindernisse überwunden, Verkehrswege geschaffen und damit Beziehungen zwischen Dorfgemeinschaften geknüpft. Urkundlich wurde die Hochbrogg zwischen Ruggell und Bangs erstmals 1701 erwähnt, welche bis ins 20. Jahrhundert zu den wichtigsten Verbindungen von Liechtenstein nach Österreich gehörte. Über diese Brücke führte auch der Zugang zur Furt über den Rhein und später zur Rheinfähre und sie war damit ein wichtiges Bindeglied für die Wege von Feldkirch in die verschiedenen Orte in der Schweiz. Sie war aber auch in den letzten 300 Jahren für die Ruggeller eine wichtige Verbindung nach Bangs und weiter auf den Markt in «ihre» Stadt Feldkirch.
Mit tatkräftiger Unterstützung von Land und Fürst wurde die Realisierung der Brückenverbindung vorangetrieben, leider fehlte das Interesse in Sennwald.
Noch bevor der Fährbetrieb zwischen Ruggell und Salez 1918 eingestellt wurde, bemühte sich Ruggell um den Bau einer Rheinbrücke. Während die anderen Liechtensteiner Gemeinden, welche sich direkt am Rhein befinden, ihre Holzbrücken bereits gegen Ende des 19. Jahrhundert erhielten, geriet Ruggell mehr und mehr in eine verkehrsmässig ungünstige Lage. Diese Abgeschiedenheit wirkte sich auf die volkwirtschaftliche Entwicklung nachteilig aus. Insbesondere das Stickereiwesen mit starken wirtschaftlichen Verbindungen in den Kanton St. Gallen litt darunter. Mit tatkräftiger Unterstützung von Land und Fürst wurde die Realisierung der Brückenverbindung vorangetrieben, leider fehlte das Interesse in Sennwald. Es folgten Rückschläge. Im Jahr 1928 bot sich dann die günstige Gelegenheit, die alte Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Bad Ragaz als Geschenk der SBB zu übernehmen. Am 26. September 1929 konnte die Brücke nach weiteren zähen Verhandlungen, aber dann raschem Aufbau dem Verkehr übergeben werden. Das kunstvoll zusammengefügte Holzwerk aus wetterfestem Lärchenholz erfüllte viele Jahre seine Dienste, fiel dann aber am 28. Juli 1963 einem Feuer zum Opfer. Drei Jahre später konnte die heutige Spannbetonbrücke am 29. Oktober 1966 im Beisein von Erbprinz Hans-Adam II. und seiner Verlobten, Gräfin Marie Kinsky eröffnet werden.
Buchs, Feldkirch oder doch Vaduz?
Es scheint mir, dass die Wege in die Schweiz oder nach Österreich in den letzten 300 Jahren einfacher und bequemer waren als wie nach Vaduz. Dennoch war die Verbundenheit zum Fürstenhaus jederzeit stark ausgeprägt. Vor allem bei Neubauprojekten und bei Katastrophen, die Ruggell sehr oft in Zusammenhang mit dem Rhein hatte, brauchten damals die Einwohnerinnen und Einwohner ein starkes Rückgrat, um ihr Hab und Gut wieder aufzubauen.
Heute geht es dem Fürstentum und allen Gemeinden sehr gut. Die Entwicklung vor allem in den letzten 100 Jahren brachten Wohlstand und Moderne mit sich, aber auch neue Herausforderungen wie Klimawandel, Neophyten, Flüchtlingswesen oder auch Abfallentsorgung wie z.B. der Umgang mit Plastik. Diese Herausforderungen kann das Land auch in Zukunft nicht alleine angehen, wir brauchen gemeinsame Wege mit unseren Nachbarn.
Schlussendlich wurde auch der Weg von Ruggell nach Vaduz interessanter. Viele Einwohner aus Ruggell arbeiten heute in unserem Hauptort oder gehen ins Oberland in den Ausgang, was früher nicht so war. So freute es mich sehr, dass ich in diesem Jubiläumsjahr am 26. November feierlich im Namen der Gemeinde Ruggell den grossen Christbaum unserem Regierungschef Adrian Hasler vor dem Regierungsgebäude übergeben durfte.
Maria Kaiser-Eberle
Maria Kaiser-Eberle ist 1959 geboren. Sie ist verheiratet mit Willi Kaiser und sie haben drei erwachsene Töchter, Kathrina, Evamaria und Annalena. Zehn Jahre arbeitete sie als Kindergärtnerin in Mauren und unterrichtete an der Liechtensteinischen Musikschule musikalische Grundschulung und Blockflöte. Danach arbeitete sie bis 2015 im Schulamt als Inspektorin für Kindergarten und Primarschule. Von 2003 bis 2011 war sie im Gemeinderat, davon war sie von 2007 bis 2011 Vizevorsteherin. Seit 2015 ist sie Gemeindevorsteherin von Ruggell und in diesem Zusammenhang derzeit Präsidentin der Wasserversorgung Liechtensteiner Unterland, im Stiftungsrat der Offenen Jugendarbeit und Delegierte im Europarat. Sie liebt Musik, spielte gerne Gitarre und fünfzehn Jahre Klarinette und Saxophon im Musikverein Frohsinn Ruggell. Sie musizierte in vielen weiteren Gruppierungen, liest gerne und hält sich sehr gerne in der Natur auf.