Von Thomas Riegger, Vorsitzender der Geschäftsleitung der LAK
Die Liechtensteinische Alters- und Krankenhilfe (LAK) blickt auf ein anspruchsvolles Jahr zurück. Nicht nur die Covid-19-Pandemie, sondern auch zahlreiche Aufgaben und Projekte haben die Mitarbeitenden der LAK stark gefordert. Mit ihren sechs Standorten und rund 450 Mitarbeitenden ist die LAK eine der wichtigen Säulen der liechtensteinischen Gesundheitsversorgung.
Fragen an Thomas Riegger
Die Covid-19-Pandemie hat im letzten Jahr das ganze Land bewegt. Welche Herausforderungen hatte die LAK im Besonderen zu bewältigen?
Als anfangs Jahr die ersten Meldungen aus China über das neue Virus kamen, dachte ich in keiner Weise daran, dass daraus eine Pandemie mit solch gravierenden Folgen entstehen wird. Sehr schnell wurden wir eines anderen belehrt. In der ersten Welle war vieles über das Virus noch nicht bekannt. Allerdings wurde schnell klar, dass das Virus vor allem für ältere Menschen mit Vorerkrankungen sehr gefährlich sein kann. Unsere bewährten Hygienekonzepte ermöglichten es uns, rasch die nötigen Massnahmen zu ergreifen. Mit der Zeit wurden neue Erkenntnisse gewonnen, welche dann auch Eingang in die Schutz- und Hygienemassnahmen fanden. Zusätzlich hatten auch die Anordnungen des Amtes für Gesundheit sowie die Verordnungen der Regierung Einfluss auf unsere Tätigkeit. Im Falle einer Überlastung des Landesspitals in der Pandemie war das Haus St. Peter und Paul als «Spital light» vorgesehen. Das Haus hätte innert kürzester Zeit den Betrieb als zusätzliches Spital aufnehmen müssen. Um die nötigen Platzreserven frei halten zu können, mussten wir unsere Aufnahmekapazitäten begrenzen und waren zu einem Aufnahmestopp gezwungen. Wir sind rückblickend sehr froh darüber, dass das Landesspital zu keiner Zeit an Belegungsgrenzen stiess und der Betrieb unseres Standortes St. Peter und Paul als «Spital light» nicht notwendig wurde. Die erste Welle konnte gut bewältigt werden. Trotz konsequenter Umsetzung der Hygienemassnahmen hat uns die zweite Welle jedoch hart getroffen. Zudem wurden wir mit vielen Themen konfrontiert, welche schnelle Entscheidungen forderten und rasche Massnahmen nach sich zogen. Besonders belastend, auch emotional, war das im Frühjahr angeordnete Besuchs- und Ausgehverbot für unsere Bewohnenden. Mit der Zeit haben diese Massnahmen zu grossen Belastungen bei unseren Bewohnenden geführt. Soziale Isolation hat gravierende Auswirkungen. Wir haben unseren Leitspruch «Wir pflegen Menschlichkeit» in diesem Kontext hochgradig hinterfragt. Wir sind sehr dankbar, dass wir in enger Absprache mit dem Amt für Gesundheit zu angepassten Besuchsregelungen gefunden haben. Zudem hatte jede Hausleitung die Kompetenz, im Einzelfall Besuchserlaubnis zu erteilen. Dies kam vor allem in palliativen Situationen zum Tragen. Es kam für uns nicht in Frage, dass Menschen ohne Beisein ihrer Liebsten den letzten Weg alleine gehen müssen. Auch für die Hinterbliebenen wäre dies eine grosse Belastung gewesen, welche sie wohl ihr Leben lang nicht mehr losgelassen hätte.
Hinter jedem Todesfall steht eine höchstpersönliche und individuelle Erfahrung. Für den sterbenden Menschen selbst, für die Angehörigen und auch für unsere Pflegenden. Mit Covid-19 erfährt der Tod in der Öffentlichkeit und in den Medien eine Bedeutung, welche vorwiegend in Zahlen und Statistiken zum Ausdruck kommt.
Sie sprachen die zweite Welle an, welche die LAK hart getroffen habe. Was ist darunter zu verstehen?
Wir hatten Ende Jahr viele Bewohnende, welche an Covid-19 erkrankt sind. Die meisten sind wieder genesen, aber leider sind auch einige unserer Bewohnenden verstorben. Das hat uns sehr betroffen gemacht, auch wenn die Begleitung von Menschen im Sterben zu einer unserer Hauptaufgaben zählt – zu einer sehr anspruchsvollen, aber gleichzeitig auch einer sehr wertvollen. Und dies nicht erst seit Covid-19. Jährlich versterben in der LAK ca. 80 Menschen. Hinter jedem Todesfall steht eine höchstpersönliche und individuelle Erfahrung. Für den sterbenden Menschen selbst, für die Angehörigen und auch für unsere Pflegenden. Mit Covid-19 erfährt der Tod in der Öffentlichkeit und in den Medien eine Bedeutung, welche vorwiegend in Zahlen und Statistiken zum Ausdruck kommt. Diese Perspektive greift viel zu kurz und reduziert die Lebenswirklichkeit. Wäre die Covid-19-Pandemie nicht gerade auch eine Chance, das Sterben und den Tod auch aus einer anderen Perspektive zu reflektieren? Viele unserer Bewohnenden, welche ein hohes Alter erreicht haben und lebenserfahren sind, setzen sich mit dem Lebensende bewusst auseinander und bereiten sich darauf vor. Nicht alle, aber die meisten. Wir haben im letzten Jahr auch wieder ganz besonders erfahren, wie wertvoll die palliative Pflege und Betreuung für die Betroffenen ist. Sie kann auch Antworten auf viele Fragen geben, – nicht für alles, aber für vieles.
Welche Themen ausser Covid-19 haben Sie auch noch beschäftigt?
Nicht wenige und das ist auch gut so. Vieles lief, trotz Covid-19, in bewährten und sicheren Strukturen. Wir konnten die IT-Kooperation mit dem Verein für betreutes Wohnen erfolgreich zum Abschluss bringen. Die Zusammenarbeit bewährt sich sehr. Die IT der LAK betreut neben dem VBW auch die IT der Familienhilfe Liechtenstein und die Fachstelle für häusliche Pflege und Betreuung. Somit können die Beteiligten von Synergien profitieren und Kosten reduzieren.
Im Fachbereich Pflege und Betreuung wurde die elektronische Pflegedokumentation zu einem anderen Anbieter gewechselt, da der bisherige Softwareanbieter sein Programm nicht mehr weiterentwickelt und vom Markt nimmt. Diesen Umstand haben wir als Chance genutzt und die neue Software den aktuellen Bedürfnissen unserer Pflegepraxis angepasst.
Im Mai fand ein Wechsel in der Geschäftsleitung statt, da unsere Leiterin Hotellerie, Erika Walser, sich in den Ruhestand verabschiedete. Als neue Leitung Hotellerie und Mitglied der Geschäftsleitung konnte Gisela Schmid gewonnen werden. Durch ihre Weiterbildungen zur Hauswirtschaftlichen Betriebsleiterin FA und zur Leiterin Facility Management HF sowie ihre langjährige Erfahrung im Management bringt sie die idealen Voraussetzungen für diese anspruchsvolle Stelle mit.
Auch im Stiftungsrat gab es personelle Veränderungen. Hans Peter Hug, Marc Risch und Horst Büchel schieden aufgrund von Amtszeitbeschränkung aus dem Stiftungsrat aus. Sie begleiteten die LAK während einer spannenden Zeit, in der das Unternehmen auch neu organisiert wurde. Horst Büchel hat in seiner zehnjährigen Amtszeit als Präsident des Stiftungsrats die Weichen richtig gestellt und die LAK für die Zukunft fit gemacht.
Neu amten Melanie Lampert-Steiger aus Schaan als Präsidentin, Moritz Heidegger aus Triesen als Vizepräsident und Daniel Derungs aus Domat/Ems als neuer Stiftungsrat. Das Gremium wird durch die bisherigen Stiftungsrätinnen Christina Vedana-Jehle und Monica von Toggenburg komplettiert. Wir freuen uns sehr über die Ernennungen und die Zusammenarbeit mit dem neuen Stiftungsrat. Es warten viele interessante Aufgaben.
Immer wieder hört man vom Fachkräftemangel. Ist dieser auch für die LAK ein Thema?
Der Fachkräftemangel ist für viele Branchen ein Thema, im Besonderen natürlich auch für die Pflege. Es gibt zahlreiche Studien und Hochrechnungen dazu. Ich bin nun bereits über 30 Jahre im Gesundheitswesen tätig und das Thema ist mir auch genauso lange bekannt. Nicht nur die aktuelle Corona-Krise zeigt die zentrale Bedeutung der Pflege und weiterer Gesundheitsberufe. Die bevorstehenden Pensionierungen der geburtenstarken Jahrgänge von Pflegefachleuten wird die Situation verschärfen. Der konkrete Handlungsbedarf für die LAK in diesem Kontext ist: ein starkes Engagement in der Berufsbildung, um den Nachwuchs zu fördern; attraktive Arbeitsbedingungen; die Schaffung und Erhaltung eines guten Arbeitsklimas und sinnvoller Arbeitsfelder, um die Berufsverweildauer zu erhöhen und die Fluktuation im Rahmen zu halten. All dies tun wir. Klatschen vom Balkon ist eben nicht ausreichend.
«Wir sind nicht für die Motivation unserer Mitarbeitenden verantwortlich. Jeder und jede Mitarbeitende ist selbst dafür verantwortlich, dass er oder sie motiviert zur Arbeit kommt. Die LAK ist aber dafür verantwortlich, dass die Mitarbeitenden nach der Arbeit auch motiviert nach Hause gehen können».
Attraktive Arbeitsbedingungen, gutes Arbeitsklima? Wie erreicht man das?
Viermal im Jahr führen wir einen interdisziplinären Einführungstag durch. Die Teilnahme ist für alle neuen Mitarbeitenden aus allen Funktionen, Fachbereichen und Standorten obligatorisch. Einer der Schwerpunkte behandelt die Zusammenarbeit und das Arbeitsklima. Eine meiner Lieblingsaussagen dabei ist: «Wir sind nicht für die Motivation unserer Mitarbeitenden verantwortlich. Jeder und jede Mitarbeitende ist selbst dafür verantwortlich, dass er oder sie motiviert zur Arbeit kommt. Die LAK ist aber dafür verantwortlich, dass die Mitarbeitenden nach der Arbeit auch motiviert nach Hause gehen können». Im Grundsatz heisst dies nichts anderes als dass dafür die Arbeitsbedingungen stimmen müssen. So ist dafür zu sorgen, dass es sinnvolle Arbeiten gibt, dass bei Problemen und Schwierigkeiten hingesehen und nicht weggeschaut wird, dass Vertrauen und Wertschätzung zum Alltag gehören und die Türen für die Mitarbeitenden offen stehen, wenn Fragen oder Probleme auftauchen – und zwar unabhängig von Funktion und Stellung. Denn jede und jeder ist gleich wichtig und wertvoll.
Natürlich könnte ich diese Aufzählung noch weiterführen. Aber im Grundsatz ist damit das Wesentliche gesagt. Für eine erfolgreiche Umsetzung braucht es vor allem Führungspersonen mit Herz, Kompetenz und Leidenschaft für ihre Tätigkeit. Ich freue mich sehr darüber, dass wir das haben. Gerade im letzten Jahr hat sich gezeigt, wie wertvoll es ist, wenn man sich auch unter sehr belastenden Situationen aufeinander verlassen kann.
Wie sieht die zukünftige Entwicklung der LAK aus?
Wir werden nach wie vor unser Pflege- und Betreuungsangebot in der Langzeit- und Kurzzeitpflege landesweit anbieten und dem Bedarf anpassen. Die LAK plant einen neuen Standort in der Gemeinde Ruggell. Es ist vorgesehen noch in diesem Jahr die Machbarkeitsstudie durchzuführen und den Subventionsantrag zu erarbeiten. Des Weiteren werden wir auch im Unterland, konkret im Haus St. Martin in Eschen, ein Angebot für die Tagesbetreuung zur Verfügung stellen und nicht zuletzt werden wir die Zusammenarbeit und Kooperationsmöglichkeiten mit unseren Systempartnern prüfen und weiter vorantreiben.
Welches sind Ihre Wünsche für die Zukunft?
Diese Frage haben Sie mir schon vor sechs Jahren gestellt. Meine Wünsche sind nach wie vor dieselben:
- dass alten Menschen in Gesellschaft und Politik mit Würde und Respekt begegnet wird.
- dass wir weiterhin über Ressourcen verfügen, um allen den Zugang zu optimalen Pflege- und Betreuungsleistungen zu ermöglichen.
- dass die LAK weiterhin über Mitarbeitende verfügt, welche mit ihrem Engagement dazu beitragen, diese beiden Wünsche zu realisieren.
Die Liechtensteinische Alters- und Krankenhilfe LAK
Die Liechtensteinische Alters- und Krankenhilfe (LAK) ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts, die in einem eigenen Gesetz geregelt ist. Der Zweck der Stiftung ist «…die Gewährleistung einer bestmöglichen Pflege, Betreuung und Beratung der im Land wohnhaften Betagten, Kranken und Hilfebedürftigen sowie die Gewährleistung vorbeugender Massnahmen, um der Entstehung von Hilfebedürftigkeit entgegenzuwirken.»
Die LAK ist mit ca. 450 Mitarbeitenden ein bedeutender Arbeitgeber in Liechtenstein, der sich auch beim Swiss Arbeitgeber Award mehrfach in den vordersten Rängen platzieren konnte. Die LAK bietet über 50 Ausbildungsplätze in verschiedenen Berufsfeldern an. Sie verfügt über fünf Pflegeheime in Vaduz, Triesen, Schaan, Eschen und Mauren sowie über eine Pflegewohngruppe in Triesenberg. Damit stellt die LAK rund 300 Betreuungsplätze zur Verfügung. Sie setzt an allen Standorten eine moderne und zweckmässige Infrastruktur ein, welche sowohl die Anliegen der Bewohnenden, als auch jene der Mitarbeitenden voll und ganz abdeckt. Durch den Zusammenschluss von mehreren Pflegeheimen in der Liechtensteinischen Alters- und Krankenhilfe werden Synergien genutzt und Kompetenzen gebündelt. Aktuelles pflegerisches Wissen und Erfahrung sind heute unabdingbar, um den besonderen Aspekten der Pflege und Betreuung zu begegnen. Die LAK ist seit Januar 2018 als erster Pflegeheimverbund in Liechtenstein und der Schweiz mit dem Label «Qualität in Palliative Care» für den Bereich der allgemeinen Palliative Care zertifiziert. Das Label wird von qualitépalliative verliehen und bescheinigt ausgewiesene Qualität im Bereich Palliative Care. Der frühzeitige Ansatz von Palliative Care ermöglicht es, die verbleibende Lebenszeit der Bewohnenden bei bestmöglicher Lebensqualität zu gestalten und eine professionelle Pflege und Betreuung zu garantieren.
Kurzportrait
Thomas Riegger, Jahrgang 1961, verheiratet, vier erwachsene Kinder. Verschiedene Führungsfunktionen im Gesundheitswesen, seit 2012 Vorsitzender der Geschäftsleitung der LAK, Weiterbildung in Intensivpflege, EFQM-Assessor, Peer bei der Schweizerischen Stiftung SanaCert, System-orientiertes Management, Malik St.Gallen, CAS in Prozess- und Projektmanagement FHO, MAS FHO für Nonprofit-Organisationen, Präsident FL Curaviva