von Lorenz Risch
Alle kennen es nur zu gut: Winterzeit ist Schnupfen- oder Grippezeit. Damit ist gemeint, dass im Winter verschiedene Viren und Bakterien in der Bevölkerung kursieren und Personen unterschiedlich treffen können.
Die Leitsymptome solcher Infektionen betreffen dabei den Atemwegstrakt, d. h. Nase, Rachen, Mittelohr, Luftwege und Lunge sowie allgemeine Symptome wie Fieber und Krankheitsgefühl. Das klinische Spektrum einer Erkrankung reicht dabei von symptomloser Infektion bis zu schwerst verlaufenden Infektionen mit möglicher Todesfolge. Dass sich eine Person infiziert, hängt von mehreren Faktoren ab, die sich wohl am besten aus den Perspektiven Krankheitserreger, Immunitätslage, und Krankheitsanfälligkeit betrachten lassen. Es sind jeweils alle drei Faktoren beteiligt, wenn es zu einer Infektion kommt. Im Folgenden wird auf diese drei Begriffe näher eingegangen, um den Stellenwert von Vitaminen und Spurenelementen in Tablettenform etwas besser einzuordnen.
Krankheitserreger
Damit ein infektiöser Schnupfen oder ein grippaler Infekt auftreten kann, ist es notwendig, dass sich eine Person mit einem Krankheitserreger infiziert. Ein solcher Krankheitserreger wird in der Regel von anderen Personen mittels Tröpfchen- oder Schmierinfektion übertragen. Infektionen können vermieden werden, wenn z. B. auf Hygiene, Abstand geachtet wird, damit ein Erreger erst gar nicht in ein Individuum gelangt. Viele solche Erreger für Atemwegsinfektionen sind viraler Natur und umfassen eine Vielzahl an Erregern (z. B. Coronaviren, Influenza, RS-Viren, Rhinoviren, Metapneumoviren, Parainfluenzaviren). Das Auftreten solcher Viren zeig eine Saisonalität mit bevorzugtem Auftreten im Winter.
So ist es auch nicht wirklich verwunderlich, dass ich im August (während des Schreibens dieses Artikels) an Influenza erkrankt bin, da ich Kontakt mit Personen hatte, welche sich in den Sommerferien auf der Südhalbkugel in der dortigen Wintersaison aufgehalten haben.
Wichtig ist an dieser Stelle der Hinweis, dass es während der Hälfte des Jahres auf unserer Erde irgendwo Winter ist. In den Monaten Dezember bis März auf der Nordhalbkugel und während der Monate Juni bis September auf der Südhalbkugel. So ist es auch nicht wirklich verwunderlich, dass ich im August (während des Schreibens dieses Artikels) an Influenza erkrankt bin, da ich Kontakt mit Personen hatte, welche sich in den Sommerferien auf der Südhalbkugel in der dortigen Wintersaison aufgehalten haben. Influenza war dort gerade auf dem Höchststand. Die Mobilität unserer Gesellschaft kann also die klassischen Zusammenhänge heutzutage etwas komplizierter machen.
Krankheitsanfälligkeit
Mit einer Infektion vergesellschaftet sind häufig Faktoren, welche die Krankheitsanfälligkeit erhöhen. Darunter mag man zum Beispiel das Sitzen am kalten Durchzug, Mikroverletzungen an einer Schleimhaut oder ein Sitzen an der Kälte in verschwitztem Zustand verstehen. Die Krankheitsanfälligkeit ist aber auch erhöht, wenn keine ausgewogene oder eine unzureichende Ernährung vorherrscht, wenn Personen sich zu wenig bewegen oder zu wenig schlafen. Ebenfalls finden sich in der Literatur Hinweise, dass ein balancierter Vitaminhaushalt zu einer verminderten Krankheitsanfälligkeit führt.
Vitamine und Krankheitsanfälligkeit
Auch wenn es für viele Personen vielleicht wünschbar wäre, dass mit der Einnahme von Vitaminpillen die Entstehung von Infektionskrankheiten vollständig verhindert werden könnte, ist dies leider nicht möglich. Die wichtigste Grundlage für einen gesunden Vitaminhaushalt ist eine ausgewogene Ernährung gemäss der Ernährungspyramide. Bei ausgewogener Ernährung sowie ausreichend Sonnenexposition und Bewegung braucht es in der Regel keine zusätzlichen Vitamintabletten. Es ist auch nicht so, dass wenn man mit Tabletten hohe Dosen an Vitaminen zuführt, welche den normalen Bedarf übersteigen, sich noch bessere Gesundheitszustände einstellen würden. Ich brauche dazu immer die Analogie, dass ein Rasen nicht besser wächst, wenn ich ihn täglich mit Wasser (welches er zum Wachsen braucht) ertränke. Es ist alles – Paracelsus lässt grüssen – eine Frage der richtigen Dosis.
Expertenempfehlung
Für diejenigen, welche dennoch zusätzlich etwas für die Gesundheit tun wollen, gebe ich hier die kürzliche Empfehlung einer Gruppe von Experten der Universität Lausanne und der ETH Zürich wieder [1]. Diese Experten haben festgehalten, welche Dosierungen an Vitaminen und anderen Stoffen gemäss ihrer Ansicht in der Schweiz empfohlen werden können, um die Krankheitsanfälligkeit von Personen zu vermindern. Die Autoren kommen zum Schluss, dass Dosierungen von 800 Internationale Einheiten Vitamin D pro Tag, 200 Milligramm Vitamin C pro Tag, 100 Mikrogramm Selen pro Tag, 20 Milligramm Zink pro Tag und letztlich 500 Milligramm omega-3- mehrfach ungesättigte Fettsäuren (3-n- PUFA) täglich als sicher angesehen werden können und sich günstig auf die Krankheitsanfälligkeit auswirken können. Diese Empfehlung gilt nicht nur für den Winter, sondern für das ganze Jahr.
Das eidgenössische Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen rät bezüglich Internethandel von Nahrungsergänzungsmitteln insbesondere dann zur Vorsicht, wenn diese auf ausländischen Internetseiten oder auf Internetseiten ohne vollständige Adresse angeboten werden, wenn solche Mittel mit übertriebenen Versprechen («Wundermittel») beworben werden oder wenn sie nicht in einer Amtssprache (Deutsch, Französisch, Italienisch) gekennzeichnet sind [2].
Nahrungsergänzungsmittel gibt es bei ÄrztInnen, Apotheken, Drogerien, im Detail- und Internethandel. Sie sind im Gegensatz zu Arzneimitteln mit wenigen Ausnahmen nicht bewilligungspflichtig. Damit sind Hersteller, Importeure und Inverkehrbringer von Präparaten dafür verantwortlich, dass Nahrungsergänzungsmittel sicher sind. Die Selbstkontrolle der Produktsicherheit ist somit zentral. Das eidgenössische Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen rät bezüglich Internethandel von Nahrungsergänzungsmitteln insbesondere dann zur Vorsicht, wenn diese auf ausländischen Internetseiten oder auf Internetseiten ohne vollständige Adresse angeboten werden, wenn solche Mittel mit übertriebenen Versprechen («Wundermittel») beworben werden oder wenn sie nicht in einer Amtssprache (Deutsch, Französisch, Italienisch) gekennzeichnet sind [2]. Abschliessend halte ich fest, dass Vitamine und Spurenelement-Präparate einen Beitrag zur Gesundheit leisten können. Der absolute Beitrag dieser Nahrungsergänzung zur Verminderung von Infektionskrankheiten sollte allerdings nicht überschätzt werden.
Referenzen
1. Berger MM et al. Strengthening the immunity of the Swiss population with micronutrients: A narrative review and call for action. Clin Nutr ESPEN. 2021;43:39-48.
2. Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen 2023. Nahrungsergänzungsmittel. URL: https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/lebensmittel-und-ernaehrung/lebensmittelsicherheit/einzelne-lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel.html (Abgerufen am 27.8.2023)
Lorenz Risch ist Facharzt für Innere Medizin sowie für medizinische und chemische Labordiagnostik. Er ist Professor für klinische Biochemie an der Universität Bern. An der Harvard University in Boston hat er ein Masterstudium in Public Health absolviert. Diese Studienrichtung beschäftigt sich mit dem öffentlichen Gesundheitswesen und der Verbesserung der Bevölkerungsgesundheit.