von Dr. med. Lukas Hinterhuber

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Verständnis der Sexualität älterer Menschen erheblich verändert. Viele bleiben sexuell aktiv und betrachten Sexualität als wichtigen Teil ihrer Lebensqualität. Fortschritte in der Medizin leisten einen wichtigen Beitrag.

«Die Sexualanamnese der Patientin XY ist nicht erfasst», tadle ich neulich den neuen Assistenzarzt auf unserer Abteilung. «Sie ist über 80 Jahre alt. Ich werde sie nicht nach Sex fragen», antwortet er mir. Viele Menschen – nicht nur Patienten, auch Ärzte – scheuen sich, das Thema offen anzusprechen, obwohl der Wunsch nach Sexualität im Alter nicht verschwindet.

Sexualität der 70-Jährigen früher und heute

Eine schwedische Studie (1) über Siebzigjährige zeigte einen Wandel in der sexuellen Einstellung: Während in den 1970er-Jahren 5 % der 70-jährigen Frauen Sex als einen positiven Aspekt des Lebens bezeichneten, waren es im Jahr 2000 sage und schreibe 78 %. Und in einer anderen Studie (2) empfanden 82 % der älteren Frauen die Frage von Ärzten nach ihrer Sexualität im Gesundheitswesen als positiv.

Wichtig für die körperliche und geistige Gesundheit

Sexuelle Gesundheit im Alter umfasst eine positive und erfüllende sexuelle Lebensqualität im fortgeschrittenen Alter und kann, wie wir aus Studien wissen, auch Demenz vorbeugen. Sexualität im Alter umfasst mehr als nur Geschlechtsverkehr: Sie vereint verschiedene Formen körperlicher und emotionaler Intimität. Ältere Erwachsene haben vielleicht mehr Probleme mit der physiologischen Erregung in Form von Erektionsstörungen und verminderter vaginaler Lubrikation. Dann entscheiden sie sich vielleicht für mehr Oralsex, Kuscheln, Küssen und andere Formen des partnerschaftlichen sexuellen Spiels.

Häufige Sorgen in älteren Jahren

Eine Vielzahl körperlicher Veränderungen bei älteren Frauen kann das sexuelle Erleben beeinträchtigen, wie das genitourinären Syndrom der Menopause (GSM), Inkontinenz, vermindertes Empfinden und eine schlechtere Beweglichkeit. GSM beschreibt eine Fülle an Symptomen und kann bis zu 50 % der Frauen nach der Menopause betreffen. Das häufigste Symptom ist vaginale Trockenheit, gefolgt von schmerzhaftem Geschlechtsverkehr, Jucken, Stechen, Brennen und Harninkontinenz. Es mutet seltsam an, dass wir Ärzte nicht nach GSM fragen und es nicht behandeln. Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt/ihrer Hausärztin. Manchmal sind Medikamente schuld an einer sexuellen Unlust – beim Mann beispielsweise Testosteronmangel oder Blutdrucksenker und Antidepressiva. Für den Mann stehen eine Vielzahl an Medikamenten zur Verfügung, wie die bekannten PDE-5-Hemmer (Viagra, Cialis, Levitra etc.).

In den USA wurde vor einigen Jahren Addy – das Pendant zu Viagra in pink – zugelassen. Frauen, die unter Lustlosigkeit leiden, sollte geholfen werden. Die Erwartungen waren gross, Jetzt, nach wenigen Jahren, sinken die Verkaufszahlen gegen Null. Die Gründe sind neben einem hohen Preis (800 Dollar/Monat) die tägliche Einnahme, Nebenwirkungen (auch Alkoholverbot) und vor allem eine bescheidene Wirksamkeit.

Was hilft?

Vaginale Feuchtigkeitscremes, Vaginalöstrogene, Vaginaldilatatoren zur Steigerung der genitalen Durchblutung tragen zur Verbesserung von GSM bei. Die Beckenbodenphysiotherapie ist wichtig für die Behandlung einer Vielzahl sexueller Probleme, von verminderter Erregung und vermindertem Orgasmus bis hin zu fast allen Arten sexueller Schmerzen. Ihr Hausarzt/Ihre Hausärztin wird Sie gerne beraten. Hier in Liechtenstein arbeiten dahingehend spezialisierte PhysiotherapeutInnen. Bei postmenopausalen Frauen, die unter niedrigem sexuellem Verlangen leiden, kann ein niedrig dosiertes Testosteron in Betracht gezogen werden.

Sie leben in keiner Partnerschaft, haben aber das Bedürfnis nach Nähe und Verbundenheit? Gehen Sie aus! Unternehmen sie Aktivitäten, buchen sie einen Tanzkurs, um Gleichgesinnte kennenzulernen. Auch seriöse Online-Plattformen bieten eine tolle Möglichkeit, neue Menschen kennenzulernen. Trauen Sie sich!