Heilende Pflanzen
Elfablättli» (Salbei)
Im letzten 60PLUS standen in der Reihe «Wia seet ma?» Mundartbezeichnungen für Wald- und Wiesenblumen im Zentrum des Beitrags. In der aktuellen Ausgabe dreht sich alles um einheimische Heilpflanzen, worunter nicht nur Blumen, sondern auch Kräuter und Bäume fallen.
Seit etlichen Jahren liegt es im Trend, sich nach Jahrzehnten des uneingeschränkten Glaubens an die Wunder des technischen Fortschritts wieder zurückzubesinnen und sich wieder vermehrt naturverbunden zu geben. Dies äussert sich besonders in der Medizin, in der Ernährung oder ganz allgemein in einem sogenannt alternativen Lebensstil, aber auch in einer Rückbesinnung auf das Erkennen und Deuten von Zeichen, die die Natur setzt. Dies führt unter anderem auch zum Kultivieren oder Sammeln von Heilkräutern und anderen Pflanzen, denen heilende Wirkungen nachgesagt werden. Hierbei beruft man sich in der Regel auf das mündlich überlieferte, aber vor allem schriftlich aufgezeichnete Wissen unserer Vorfahren. Dieses Wissen reicht hunderte von Jahren zurück und gerade Frauen – sofern sie keine Nonnen waren! – bezahlten in den sogenannten guten alten Zeiten ihr Wissen um solche heilende Kräfte häufig mit dem Tod auf dem Scheiterhaufen, da ihre Kenntnisse in direkter Konkurrenz zur kirchlichen Heilslehre standen.
Bööterlekrutt
Bis vor wenigen Jahrzehnten waren auch hierzulande die Heilkräuter noch stark im Bewusstsein der einheimischen Bevölkerung verwurzelt. Es versteht sich von selbst, dass bei der Benennung dieser besonderen Pflanzen mundartliche Bezeichnungen und nicht etwa wie sonst in der Botanik üblich lateinische Namen verwendet wurden. 1976 schrieb der 1991 verstorbene Alt-Regierungschef und Mundartforscher Alexander Frick in seinem Beitrag «Unsere mundartlichen Pflanzennamen» für den «Bericht Botanisch-Zoologische Gesellschaft Liechtenstein-Sargans-Werdenberg»: «Auch die Heilkräuter hatten früher meistens mundartliche Namen. Durch die vielen Kräuterbücher wurden manche alte heimische Bezeichnungen verdrängt.» Frick notierte damals noch sieben ihm bekannte Mundartbezeichnungen für Heilpflanzen: «Käslekrutt» (eine Malvenart), «Jakooberle» (Römische Kamille), «Heidnisch Wundkraut» (Gemeine Goldrute), «Kneerbölla»1 oder «Meerbölle» (Meerzwiebel), «Rossrepp» (Spitzwegerich), «Katzaschwanz» (Ackerschachtelhalm) und «Bööterlekrutt» (Spitzgrasart). Dem letztgenannten Heilkraut, dem nur in Balzers bekannten «Bööterlekrutt»2, aus dem ein Tee gegen Nierenleiden gewonnen wurde, widmete Frick sogar eine eigene Abhandlung, da er zwar unter dem Begriff «Päterle-Kraut» eine recht genaue Beschreibung im vorarlbergisch-liechtensteinischen Wörterbuch von Leo Jutz fand und er auch mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass dieses Kraut in Balzers zu finden sei, er aber diese Pflanze, so wie sie von Lutz beschrieben war, zeitlebens nie zu Gesicht bekam. Am Ende hinterfragte Frick die Beschreibung, dass es sich beim «Bööterlekrutt» um eine Spitzgrasart handelte, denn, so Frick, «ein Bauer sagt einem Gras nie Kraut». Eine 1976 publizierte Bitte an die Bevölkerung von Balzers-Mäls, ihm weitere Informationen zu diesem Heilkraut zu liefern, verhallte wie viele andere seiner Aufrufe leider unerhört.
Heilkräuter
Wie sieht es nun aber mit den bekannten und nach wie vor auffindbaren heimischen Heilkräutern aus? In einer privaten Sammlung an mundartlichen Pflanzennamen, die Ende 1950er und/oder Anfang 1960er Jahre von Realschülerinnen und -schülern des Oberlandes zusammengetragen wurden, finden sich unter anderem die folgenden Bezeichnungen mit Angabe ihrer Wirkung (ohne Gewähr):
- «Ballatätsch» (Alpenwegerich): Bronchialkatarrh, Abführmittel
- «Bäradreck» (Süssholz): Husten, Hals
- «Bäratatza» (Bärlapp): Krämpfe, Krampfadern
- «Elfablättli» (Salbei): Grippe, Hals
- «Eselkrutt» (Dornige Hauhechel): Wassersucht, Nieren, Nierenstein
- «Fallkrutt» (Arnika): Krampfadern, offene Beine, Angina, Kreislauf
- «Goldknopf» (Wurmkraut): Migräne, Magenschleimhaut
- «Gottesgnodakrutt» (Echte Goldrute): Blasen- und Nierenentzündung, eiternde Wunden
- «Hasanöhrle» (Haselwurz): Husten
- «Höhbluama» (Heublume): Erkältung
- «Holler» (Holunder): Schweisstreibend
- «Käslekrutt» (Malvenart): Wunden, Badezusatz
- «Katzaschwanz» (Schachtelhalm): Nieren
- «Kefer» (Kiefer): Husten, Nieren
- «Körbsa» (Kürbis): Bandwurm
- «Kramella» (Kamille): Augenbad, Spülungen
- «Kümig» (Kümmel): Harnbeschwerden
- «Lindabluascht» (Lindenblüten): Erkältungen, Lunge
- «Miarzablüemle» (Huflattich): Husten, Gürtelrose
- «Peterli» (Petersilie): Leber, Nieren, Blase
- «Quendel» (Thymian): Badezusatz
- «Rossrepp» (Spitzwegerich): Blutstillend
- «Tausiggoldkrutt» (Johanneskraut): Brandwunden
- «Veiölili» (Veilchen): Blasenentzündung
Gerne sei an dieser Stelle der bereits in der letzten Ausgabe des 60PLUS getätigte Aufruf wiederholt, der Redaktion weitere mundartliche Pflanzen-, aber auch Tiernamen in Liechtenstein mitzuteilen. Da aber bereits Alexander Fricks mehrfache Aufrufe in den 1970er Jahren kaum ein Echo fanden, ist die Erwartungshaltung sehr gering.