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60Plus | Mundart | Dezember, 2017
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Wia seet ma?

Zäälti, Krömle und andere feine Sachen

mo I Die Vorweihnachtszeit ist eine der stimmungsvollsten Phasen des Jahres. Der Mensch sucht mehr denn je Wärme und Geborgenheit, und das zu Ende gehende Jahr lädt dazu ein, Rückschau über das Vergangene zu halten und sich erste Gedanken über das zu machen, was im neuen Jahr kommen mag. Allgegenwärtiger Lichterglanz und Kerzenschein, wohlig eingerichtete Häuser, verlockend duftende Leckereien, vertraute Lieder, Vorfreude bereitende Geheimnistuereien und ein zunehmend herzlicherer Umgang untereinander tun das ihre dazu, dass sich die Menschheit in dieser Zeit etwas näher beisammen fühlt – und wenn es nur für ein paar wenige Tage ist.

In früheren Zeiten war dies – mit wenigen Abstrichen – auch in diesen Breitengraden so. In der Weihnachtszeit und beim Jahreswechsel kamen sich die ansonsten etwas distanziert begegnenden Leute örtlich und emotional etwas näher; und es war wohl auch die einzige Zeit im Jahr, in der auch einmal der Kinder gedacht wurde und ihnen die eine oder andere Freude bereitet wurde. Diese meist glücklichen Kindheitserinnerungen wurden das ganze Leben mit sich herumgetragen wie ein wertvoller Schatz, der alle Jahre wieder an die Seinen weitergegeben wurde. Daran hat sich bis heute nur wenig geändert. Auch wenn der Wohlstand über die Jahrzehnte die Geschenke etwas grösser und teurer und die Festmenüs etwas üppiger werden liess.

Krömla und Bacha

Was immer wieder erwähnt wird, wenn speziell ältere Semester von ihren Weihnachterinnerungen berichten, ist der Duft frisch gebackenen Weihnachtsgebäcks, der schon damals die zumeist noch kargen Häuser erfüllte und selbst den grössten Weihnachtsmuffel im Innersten erfreute. Dazu gehören die «Zäälti», wie sie vor allem am Triesenberg genannt werden, die «Krömle» oder – wie man heute ebenfalls häufig sagt – die «Guetzli». Davon leiten sich auch die entsprechenden Tätigkeiten ab, zu denen nicht selten auch die Kinder zur Mithilfe eingeladen sind, wenn es um das Teigkneten, Formenausstechen und Topfausschlecken geht: das «Zäältibacha», «Krömlebacha»/«Krömla» oder das «Guetzla». Jede Familie hat hier ihre eigenen Favoriten, in manchen Adventsküchen entstehen dabei zuweilen bis zu 20 verschiedene Sorten, die vom Heiligabend bis zu Dreikönig von Gross und Klein schnabuliert und weggeputzt werden, wobei mittlerweile auch selbst gemachte Pralinen zum Weihnachtsgebäck gehören. Einige dieser «Krömle»-Sorten dürfen traditionsgemäss in keiner Weihnachts-Blechdose fehlen:

«Mailänderli»:

Ein Butterkeks mit typischem Zitronengeschmack. Der Klassiker; vor allem beim Ausstechen der zahlreichen Formen helfen Kinder gerne mit.

«Totabääli»:

Eine alte Walser Spezialität. Da sie sehr hart sind, werden sie häufig in den Kaffee «getunkt». Der Name (Totengebeinchen) stammt daher, dass sie nicht nur knochenhart sein können, sondern sie wurden früher aufgrund ihrer langen Haltbarkeit häufig nach dem Totenmahl gereicht, da es nach einem Todesfall für das Backen anderer Süssspeisen verständlicherweise kaum Zeit gab.

«Spetzbuaba»:

Ein eher «junges» Krömle, das erstmals 1929 in einem Kochbuch erwähnt wurde. Verwandt mit dem österreichischen «Linzer Auge» oder «Ochsenauge». Allen Variationen gemein ist die Verwendung von Johannisbeerkonfitüre als Füllung.

«Vanillgipfili»:

Weitverbreitetes Weihnachtsgebäck aus Mürbeteig. Stammt ursprünglich aus Österreich/Böhmen.

«Kräbili»:

Ein Anisgebäck mit auffallenden Zacken («Kräbel»). Eine Variante sind die kreisrunden «Anisbrötle». Im Mittelalter ein Ersatz für Marzipan.

«Zimtstärn»:

Sternförmiges, stark zimthaltiges Gebäck mit typischer Eiweissglasur.

«Nosshüffili»:

(Hasel-)Nusshäufchen

«Kokosli»:

Kokosmakronen

«Brunsli»:

Ein schokoladehaltiges Gebäck. Der Name stammt von der Farbe «bruun» (braun).

Birazelta und Grittibänz

Die Herkunft unserer «Krömle» ist vorwiegend schweizerisch. Wann sie hier Verbreitung fanden, lässt sich kaum mehr sagen. Betty Bossi dürfte da aber nicht ganz unbeteiligt gewesen sein. Ein eigenständiges Liechtensteiner «Krömle» ist jedenfalls nicht bekannt. Gerne lässt sich die Redaktion des 60plus aber eines Besseren belehren! Das traditionellste Weihnachtsgebäck dürfte ohnehin das Birnbrot gewesen sein, das «Birabrot» oder der «Birazelta». Laut dem Dialektforscher Leo Jutz handelt es sich hierbei um ein «bes. Früchtebrot mit eingebackenen Dörrbirnen, Feigen, Nüssen, Rosinen u. dgl., wie es vielfach zur Weihnachtszeit hergestellt wird». Der unvergessene Felix Marxer (1922–1997) erinnerte sich in einem Beitrag im «Volksblatt» aus dem Jahre 1990, wie er in seiner Jugend beim Backen dieses speziellen Brotes mithalf:

«Es galt, die gedörrten und gesottenen Birnen durch den Fleischwolf zu drehen. Der Teig musste geknetet werden, bevor er im Badgeltile zum Aufgehen auf die Ofenbank gestellt wurde. Das tat die Mutter. Bald roch es unverwechselbar weihnachtlich im ganzen Haus. […] Wenn an den Weihnachtstagen oder um Neujahr Besuch kam, wurde Birnbrot aufgetragen. Dazu trank man ein StamperleSchnaps, die Männer einen kräftigen Obstler, für die Frauen gab es selbst angesetzte Liköre in allen Farben. Das war der Wiiberschnaps.» (LVo, 4.12.1990)

Der Vollständigkeit halber sei auch noch ein Gebäck jüngeren Datums erwähnt: der in der Deutschschweiz weit verbreitete «Grittibänz», der mittlerweile auch in Liechtenstein, vor allem am Nikolaustag (6. Dezember), verschenkt und gerne verzehrt wird. «Gritti» stammt vom mittelhochdeutschen Wort «griten» (grätschen), und «Bänz» ist eine Kurzform für Benedikt und wurde früher häufig als allgemeiner Name für Männer verwendet.