von Henning von Vogelsang
Ein ganz erheblicher Teil der Lebenshaltungskosten hierzulande sind die Krankenkassenprämien. Die Freie Liste wollte das geltende System ändern, scheiterte damit aber im Landtag: Dieser hat in seiner Sitzung vom 7. November 2024 mit 18 zu 7 Stimmen – ein Ja kam lediglich von der Freie-Liste-Fraktion, den VU-Abgeordneten Walter Frick, Manfred Kaufmann und Dagmar Bühler-Nigsch sowie Thomas Rehak (DpL) – das «Initiativbegehren zur Einführung einer erwerbsabhängigen Krankenkassenprämie» in Übereinstimmung mit Art. 82 Abs. 1 des Volksrechtegesetzes (LGBl. 1973 Nr. 50) abgelehnt und sich gegen eine Volksabstimmung ausgesprochen. Eine inhaltsbezogene Ablehnung war das allerdings nicht, da der Landtag u. a. eine Formalie, nämlich den unkonkreten Initiativtext, als Begründung seiner Ablehnung nannte.
Das Thema ist damit also noch nicht vom Tisch.
Prämienregelung bei der Krankenversicherung
Derzeit ist es so: Die Krankenversicherung wird durch Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber, durch die Kostenbeteiligung der Versicherten und durch staatliche Subventionen finanziert. Jede erwachsene versicherte Person, die in Liechtenstein ihren zivilrechtlichen Wohnsitz hat oder eine Erwerbstätigkeit ausübt, zahlt eine sogenannte Kopfprämie. Alle Erwerbstätigen erhalten vom Arbeitgeber einen monatlichen Beitrag zur Krankenpflegeversicherung, der der Hälfte des Landesdurchschnitts der Prämien in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung entspricht. Der Landesdurchschnitt der Prämien beträgt CHF 313.00. Der Arbeitgeberbeitrag entspricht der Hälfte des Landesdurchschnitts der Prämien, also CHF 166.– (2023: CHF 156.50) für Erwachsene.
Die kürzlich der von der Regierung angekündigte Prämienerhöhung beträgt im kommenden Jahr durchschnittlich 4,4 Prozent bzw. 367 Franken im Monat pro Person.
3. Jahr in Folge Erhöhung
Diese Regelung gilt seit 1. Januar 2024. Für 2024 wurden die Prämien in Liechtenstein damit bereits um 6,7 Prozent erhöht, nachdem bereits 2023 eine Kostensteigerung von 7 Prozent verzeichnet wurde. Die kürzlich der von der Regierung angekündigte Prämienerhöhung beträgt im kommenden Jahr durchschnittlich 4,4 Prozent bzw. 367 Franken im Monat pro Person. Da hierbei aber alle Kostenbeteiligungsvarianten mit und ohne Unfalldeckung berücksichtigt werden, ist diese tiefer als in der Realität. Wer hingegen die Standardprämie mit Minimalfranchise wählt und auf die Unfalldeckung verzichtet, bezahlt über alle Krankenkassen hinweg durchschnittlich 382 Franken pro Monat. Das sind auf das Jahr gerechnet Mehrkosten von 240 Franken.
Landtagsmehrheit fand FL-Vorschlag kontraproduktiv
Aufgrund dieser Kostensteigerungsdynamik reichte die Freie Liste am 25.10.24 bei der Regierung 2095 Unterschriften für die Einführung einer erwerbsabhängigen Krankenkassenprämie ein. Ihr Argument: Es sei unfair, dass alle denselben Betrag zahlen müssten, da steigende Gesundheitskosten einige Bevölkerungsgruppen stärker belasteten als andere. Die Prämienlast solle sich stärker am Budget der Prämienzahler orientieren. Zudem seien die Schweiz und Liechtenstein die einzigen Länder Europas, die keine erwerbsabhängigen Krankenkassenprämien kennen.
Die FL forderte eine Volksabstimmung über ihren Vorschlag. Auf den ersten Blick hatte die Freie Liste damit parteiübergreifend zweifellos viele Einwohnerinnen und Einwohner angesprochen. Allerdings gab es bei näherer Betrachtung eine ganze Reihe von zu bedenkenden Aspekten, die die Gegner einer solchen Regelung ins Feld führten. So hat denn auch der Landtag ablehnend entschieden.
Gegner verweisen auf Möglichkeit der Prämienverbilligung
Denn einkommensschwache Versicherte haben einen Anspruch auf Prämienverbilligung. Dieser richtet sich nach dem steuerpflichtigen Erwerb des Versicherten bzw. des Ehegatten. Es wird jener Prämienanteil subventioniert, welcher von der versicherten Person bezahlt werden muss. Dies bedeutet, dass von der mit der Krankenkasse vereinbarten Prämie für die obligatorische Krankenpflegeversicherung bei Erwerbstätigen oder Personen, die Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung haben, der Arbeitgeberbeitrag abgezogen wird.
Angesichts der Ursachen der Kostenexplosion – Mengenausweitung, teure Medikamente, technischer Fortschritt und demografischer Wandel – müsse gemäss VU die Landesgesundheitskommission dringend sinnvolle Kostendämpfungsmassnahmen priorisieren und umsetzen.
VU sieht andere Wege als zielführender an
Die Vaterländische Union nannte die FL-Initiative einen «erwerbsabhängigen Prämien-Trojaner», bestritt zwar nicht die derzeitige prekäre Lage für die Versicherten, verwies aber auf den erwähnten Weg der möglichen Prämienverbilligung als den richtigeren. Angesichts der Ursachen der Kostenexplosion – Mengenausweitung, teure Medikamente, technischer Fortschritt und demografischer Wandel – müsse gemäss VU die Landesgesundheitskommission dringend sinnvolle Kostendämpfungsmassnahmen priorisieren und umsetzen. Die Einführung von erwerbsabhängigen Krankenkassenprämien gemäss FL dagegen würde zu mehr Bürokratie und Unsicherheit führen, da Einkommen schwankten. Gutverdienende leisteten bereits hohe Beiträge über Steuern. Die FL-Regelung hätte gemäss VU die komplexen Auswirkungen ignoriert, Sparer wären benachteiligt worden, und die Eigenverantwortung wäre geschwächt worden, was letztlich zu höheren Kosten, mehr Gesundheitsleistungen und Versorgungsengpässen geführt hätte. Die VU verlangt daher strukturelle Reformen mit dem Ziel der Umsetzung einer patientenorientierten Versorgung.
FBP setzt auf wirkungsvolle Regelungen
Die Fraktion der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP) lehnte die FL-Initiative ebenfalls ab. Auch sei sie gegen eine Volksabstimmung, denn die Initiative hätte am eigentlichen Problem vorbeigeführt und begnüge sich mit einer Umverteilung der Kosten. Der Einwand: «Unser System kennt bereits heute mehrere solidarische Elemente in der Krankenversicherung, die sich an bestimmte Personengruppen, konkret Familien mit Kindern und Jugendlichen sowie Rentner, richten.» Darüber hinaus habe man in den letzten Jahren die Möglichkeiten zum Bezug von Prämienverbilligungen erweitert.
2024 sind allerdings so viele Anträge auf Prämienverbilligung eingegangen wie noch nie: 7460, was einer Zunahme von 13,5 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Ein Symptom eines dringend nach einer Lösung rufenden Problems.